Masterplan Wasser: Stellungnahme

Stellungnahme der Naturschutzverbände durch die BLN zum 1. Bericht des Masterplan Wasser

Der erste Bericht des Masterplan Wasser Berlin wurde am 30.09.2022 von der Senatsverwaltung Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz veröffentlicht. Er soll eine Strategie darstellen, mittels derer die zukünftige Versorgung mit Trinkwasser, der Gewässerschutz und die Abwasserentsorgung in Berlin und dessen Umland organisiert und sichergestellt wird. Der Masterplan Wasser Berlin soll kontinuierlich weiterentwickelt werden, hat allerdings keine verpflichtende bzw. behördenverbindliche Wirkung. Insofern bleibt fraglich, ob und in welchem Maße die in ihm beschriebenen Maßnahmen tatsächlich zur Anwendung kommen.

Im ersten Teil des Berichts werden Informationen zum zukünftigen regionalen Wasserdargebot bereitgestellt und verschiedene Szenarien inkl. eines Worst-Case-Szenarios analysiert, sowie der Einfluss der sinkenden Grundwasserneubildung, des Klimawandels, des Strukturwandels in der Lausitz und des Bevölkerungswachstums im Raum Berlin beleuchtet. Im zweiten Abschnitt werden 32 Maßnahmen in Steckbriefen dargestellt, mittels derer die Trinkwasserversorgung und der Gewässerschutz sichergestellt werden sollen.

Der Masterplan Wasser gibt einen guten ersten Überblick über die Herausforderungen in Bezug auf einige Aspekte des Wasserhaushalts, mit welchen das Land Berlin zukünftig umzugehen hat. Er beschränkt sich dabei aber auf die Wassermengen- und Qualitätsproblematik, während ökologische Folgen nicht oder nur unzureichend thematisiert werden. Es fehlt eine kritische Auseinandersetzung mit den Folgen der langjährigen Übernutzung der Grundwasservorräte, die den Naturhaushalt der Region schädigt. Besonders betroffen sind Feuchtgebiete, Moore, Kleingewässer und Wälder, deren Intaktheit auch für den Menschen insbesondere im Zuge des voranschreitenden Klimawandels von hoher Bedeutung ist. Eingriffe in die Natur wie z.B. die massiven Grundwasserabsenkungen, welche u.a. zur Austrocknung von Gewässern und Schädigung von Wäldern führt, sowie die Eingriffe in Biotope der Gewässerufer an Spree und Havel im Rahmen der Uferfiltration bleiben unberücksichtigt.

Im zweiten Teil des Berichts wird ein Katalog von 32 möglichen Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung Berlins dargestellt. Hier sind einige Maßnahmen grundsätzlich positiv zu bewerten, da sie an der Ursache ansetzen bzw. im Einklang mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sind. Dies beinhaltet Maßnahmen zur Entsiegelung, Begrenzung der Wasserentnahme und Minimierung der Schadstoffeinträge. Im Masterplan ist der Anspruch formuliert, auch den Anforderungen der WRRL besondere Priorität zu geben. Dieses Anliegen wird aber mit der Zusammenstellung und Ausgestaltung der Maßnahmensteckbriefe nicht konsequent bestätigt. Es mangelt unter anderem an einer Präzisierung und Priorisierung der aufgeführten Maßnahmen, weshalb unklar bleibt, inwiefern diese ausreichend sind, um die Defizite im Rahmen der Sicherung der Trinkwasserversorgung und dem Schutz der Gewässer, der Natur und der Landschaft zu beseitigen.

Insbesondere die erste Hälfte des Maßnahmenkatalogs ist gekennzeichnet durch zahlreiche Maßnahmen, welche nicht an der Quelle ansetzen bzw. End-of-Pipe-Lösungen darstellen. Die Optimierung der Steuerung der Durchflüsse und der Ableitwege der Klärwerke sowie zusätzliche Reinigungsstufen in Wasserwerken können die negativen Effekte resultierend aus dem reduzierten Wasserdargebot sowie der zunehmenden Verunreinigung der Wasserressourcen abschwächen, stellen aber keine hinreichende Lösung für die Bewältigung der Folgen der verringerten Wasserquantität und -qualität dar. Vielmehr können zahlreiche Maßnahmen Anstrengungen zur WRRL-Umsetzung konterkarieren, indem sie zu einer Verlagerung des Wassermengenproblems auf andere Regionen führen. Hierzu zählen zum Beispiel die optimierte Steuerung der Durchflüsse bei Niedrigwasser und eine mögliche Fernwasserversorgung.

Zusätzlich werden mehrere Maßnahmen gleichwertig neben nachhaltigen Maßnahmen aufgeführt, welche die Wasserförderung erhöhen sollen (z.B. Erhöhung der Uferfiltratmengen, Intensivierung der Brunnenerneuerung, Inbetriebnahme stillgelegter Galerien und Bau zusätzlicher Brunnen) und damit den vorgeschädigten Naturhaushalt noch stärker belasten. Insgesamt bleibt unklar, welche Maßnahmen vordringlich umgesetzt werden, sodass eine Diskussion einer möglichen Prioritätensetzung durch die Öffentlichkeit erschwert ist.

Der Masterplan deckt zudem wesentliche Themen nicht ab, die bei dem Schutz von Trinkwasser und Gewässern Beachtung finden müssen.
So wurde der Einfluss von Starkregen- und Überflutungsereignissen bewusst nicht in den Analysen und Prognosen und damit auch überwiegend nicht in den geplanten Maßnahmen mitbehandelt. Dies ist unverständlich, da eine prognostizierte Auswirkung des Klimawandels die Zunahme von Starkregenereignissen darstellt. Sie führen aufgrund der starken Versiegelung und des verminderten Wasserretentionsvermögens in Berlin regelmäßig zu Mischwasserüberläufen und Einleitung von Straßenabwässern in die Gewässer und damit zu erheblichen Belastungen der Gewässer durch erhöhte Nährstoff- und Schadstoffeinträge.

Zusätzlich werden keine Lösungsvorschläge unterbreitet, um bekannte Hemmnisse bei der Umsetzung von Maßnahmen zu beseitigen. Dies betrifft insbesondere die Umsetzung der Maßnahme 15 „Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung“ im Bestand.

Die Erstellung des 1. Berichts des Masterplan Wasser Berlin ist gekennzeichnet durch eine fehlende aktive Öffentlichkeitsbeteiligung. Unklar bleibt, in welchem Umfang die Öffentlichkeit zukünftig aktiv an der Weiterentwicklung des Masterplans mitwirken kann und informiert wird. Eine formale Beteiligung im Rahmen der strategischen Umweltprüfung ist unzureichend, zumal der Zeitpunkt ihrer Durchführung ungewiss bleibt, da stets betont wird, dass es sich bei dem Masterplan vorrangig um einen Prozess und nicht um ein abgeschlossenes Werk handelt.

Der kommende zweite Bericht des Masterplan Wasser bedarf einiger Präzisierung und Ergänzung, um eine aussagekräftige Übersicht über die geplante Vorgehensweise zum Schutz des Trinkwassers und der Gewässer zu geben und damit deren Umsetzung effektiv voranzutreiben.

Zum einen muss eine Priorisierung der Maßnahmen erfolgen. Im Fokus der Umsetzung müssen diejenigen Maßnahmen stehen, welche einer Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie nicht entgegenstehen bzw. diese unterstützen. Zudem sind Maßnahmen, welche an der Quelle ansetzen, denjenigen vorzuziehen, welche z.B. End-of-pipe- oder nachgelagerte Lösungen darstellen. Priorität muss hier zwingend die Ausarbeitung einer umfassenden Strategie des Wassersparens und der effizienten Wassernutzung haben, da die Trinkwasserversorgung und der Gewässerschutz langfristig nur sichergestellt werden können, wenn der Wasserverbrauch durch Industrie und private Haushalte verringert wird. Hierzu zählt die Regen- und Grauwassernutzung, welche auch durch kleinteilige Maßnahmen (z.B. Nutzung von Dusch- und Badewasser zur Toilettenspülung) zur Entlastung führen kann. Dringend notwendig ist die Reduzierung des sommerlichen Spitzenverbrauchs (z.B. durch Rasensprengen und Auffüllen privater Schwimmbecken). Anreize zum Wassersparen können auch über die Umgestaltung der Wasserpreise geschehen.

Mehrere Maßnahmen zeigen auf, dass die Berliner Wasserversorgung unter den bestehenden und prognostizierten Wasserverbrauchsmengen nicht innerhalb der Landesgrenzen sichergestellt werden kann. Aus diesem Grund sollte ein zweiter Fokus des Masterplans – sofern alle Potenziale für eine effiziente sowie sparsame Wassernutzung genutzt werden – gemeinsame Planungen mit den umliegenden Bundesländern darstellen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Berlin weiterhin ausreichend mit Wasser versorgt wird und sich die negativen Effekte der verringerten Wasserverfügbarkeit nicht auf Gebiete stromabwärts verlagern. Insofern ist auch zu klären, wie der Masterplan in die länderübergreifende Wasserstrategie Hauptstadtregion 2050 integriert und einer Doppelarbeit vorgesorgt wird.

Zusätzlich müssen auch die zeitlichen und finanziellen Bedarfe für Maßnahmen, die in der Planung weit genug fortgeschritten sind oder sich bereits in der Umsetzung befinden, dargestellt werden. Dies erzeugt die notwendige Transparenz zu Finanzierungsbedarfen und schafft die Planungsgrundlage z.B. für zukünftige Haushaltsverhandlungen.

Hochwasser- und Starkregenereignisse müssen zukünftig in den Analysen und der Maßnahmenplanung stärker mitberücksichtigt werden. Sie sind u.a. eng verknüpft mit den Themen des Wasserrückhalts (Schwammstadt) und dem Eintrag von Schadstoffen in Gewässer.

Schließlich ist eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung die Grundvoraussetzung für eine hohe Transparenz und Akzeptanz für die durchzuführenden Maßnahmen in der Bevölkerung. Diese muss mit Beginn der Erstellung des zweiten Berichts des Masterplan Wasser Berlin im deutlich gesteigerten Umfang als bisher stattfinden. Die breite Einbeziehung der Bevölkerung gewährleistet, dass Bürger und Verbände z.B. Umbau- und Wassersparmaßnahmen unterstützen und mitgestalten können und das Konfliktpotenzial reduziert wird. Die effektive Öffentlichkeitsbeteiligung setzt aber auch voraus, dass u.a. aussagekräftige Informationen darüber bereitgestellt werden, wie Monitoring und Evaluation des Masterplans ausgestaltet sind, um die Weiterentwicklung des Plans und den Umsetzungsstand sowie den Erfolg der Maßnahmen nachvollziehbar zu gestalten.

Die BLN und das von ihr getragene Wassernetz~Berlin haben bereits konkrete Schritte formuliert, wie ein zukunftsfähiger Gewässer- und Biodiversitätsschutz gelingen kann.

Fazit

Der Masterplan Wasser Berlin kann einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Herausforderungen für die Wasserversorgung und den Gewässerschutz in Berlin bieten, wenn er konsequenter und transparenter als bisher die Zielanforderungen des Gewässer- und Biodiversitätsschutzes aufgreift und deren Zeitlinien für die Umsetzung berücksichtigt. Dazu zählt insbesondere, dass er den Vorgaben der WRRL entspricht und die bisherigen Unklarheiten und Widersprüche in den Maßnahmensteckbriefen gelöst werden. In Zeiten des Klimawandels muss der Schutz einer intakten Umwelt, welche auch für unsere Wasserversorgung notwendig ist, Vorrang haben. Zusätzlich sollte zeitnah geklärt werden, wie der Masterplan in der länderübergreifenden Wasserstrategie Hauptstadtregion 2050 aufgehen soll. Schlussendlich muss auch die partizipatorische Lücke behoben werden, indem die aktive Mitwirkung der Zivilgesellschaft gefördert wird.

Download der Stellungnahme