Das Wassernetz hat die vorliegenden Entwürfe zu den Haushaltsberatungen für die Jahre 2026 und 2027 im Land Berlin hinsichtlich der Vorhaben im Gewässerschutz geprüft und dringenden Handlungsbedarf festgestellt.
Die Zeit drängt
Das Land Berlin ist bei der Umsetzung der Anforderungen für gute Gewässer seit mehr als 10 Jahren im Verzug. Gemäß der europäischen Wasserrahmenrichtlinie hätten bereits alle notwendigen Arbeiten für saubere, lebendige und mit genügend Wasser versorgte Gewässer bis zum Jahr 2012 umgesetzt werden müssen.
Weil ein Großteil der Wasserläufe, Stillgewässer und Grundwasser in der Stadt wegen ausbleibender oder verschleppter Maßnahmen noch weit entfernt von diesem Ziel ist und ab 2028 selbst bei absoluten Ausnahmefällen keine Finanzprobleme als zulässiger Grund für diese Verzögerungen mehr angeführt werden können, ist eine Investitionsoffensive in Berlins Gewässer dringlicher denn je, zumal die Stadtgesellschaft angesichts des Klimawandels umso mehr auf diese essenzielle Lebensgrundlage in guter Qualität angewiesen ist. Wegen des andauernden Rechtsverstoßes droht zudem ein Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel.
Weitere Kürzungen bremsen die WRRL-Umsetzung zusätzlich aus
Eine wichtige Stellschraube, um diese Herausforderungen abzuwenden, stellt der Haushalt dar, den der Senat dem Abgeordnetenhaus vorgelegt hat und zwischenzeitlich im Parlament beraten wird. Trotz Mehrausgaben hat die Landesregierung ausgerechnet im Umweltbereich drastisch gekürzt. Davon besonders betroffen sind auch die Ausgaben für die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und weiterer Vorhaben im Gewässerschutz.
- Besonders schwer wiegt die komplette Streichung der Landesmittel für das Gewässergütebauprogramm, welches ein zentrales Instrument bei der Reinhaltung der noch stark belasteten Gewässer in Berlin darstellt. Zukünftig sollen allein die Berliner Wasserbetriebe für die Finanzierung aufkommen, während vor allem durch eine nicht umweltverträgliche Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitik weiterhin problematische Stoffe von Straßen, Gewerbe und weiteren Verunreinigungsquellen in die kleinen und großen Gewässer Berlins gelangen. An mehr als 1000 Einleitstellen fehlen immer noch geeignete Reinigungsanlagen, um das kontaminierte Abwasser aus der Regenwasser- oder Mischwasserkanalisation vorzureinigen.
- Die Mittel für das Kleingewässerprogram sollen um mehr als 80% gekürzt werden, anstatt diese deutlich aufzustocken, zumal die mit dem letzten Haushalt eingeplanten Finanzressourcen ohnehin nicht gereicht hätten, um mehr als 1% der Gewässer vom Schlamm zu befreien. Schlamm, der zum Beispiel von Straßen eingeleitet wird und den schleichenden Tod dieser Lebensoasen in einer überhitzten Stadt bedeutet.
- Weitere Probleme im Entwurf des Senats sind die Kürzungen bei den Dienstleistungen für Entsiegelung, Schwammstadt und der WRRL-Umsetzung. Die Einsparungen im letztgenannten Bereich haben zur Folge, dass noch weniger Ressourcen für die Erarbeitung von Gewässerentwicklungskonzepten mit Beteiligungswerkstätten zur Verfügung stehen. Für mehr als 70% der sanierungsbedürftigen Stadtgewässer fehlen sie bis heute und hätten bereits vor mehr als 10 Jahren erstellt sein müssen. Dadurch stehen auch zielgenaue und akzeptanzfördernde Planungen einschließlich im Einzugsgebiet der Gewässer weiterhin aus.
- Auch die Anforderung, die Sanierung der Spreeufer gewässerverträglich vorzunehmen und mit den so eingesetzten Mitteln mehr Lebensqualität für Mensch und Natur an diesen Orten sicher zu stellen, wurden zurückgenommen. Sie war neben dem Kleingewässerprogramm eine der wenigen Neuerungen in den vergangen Jahren, die mit Verbesserungen bei unseren blauen Lebensadern einhergegangen wäre.
Das Abgeordnetenhaus ist in der Verantwortung
Es gibt für das Parlament einiges zu tun, um diese Herausforderungen zu vermeiden und ein Vertragsverletzungsverfahren abzuwenden. Die Forderungen des Wassernetz Berlin bleiben weiter aktuell:
- Neben der Rücknahme der oben genannten Kürzungen bedarf es zugleich einer besseren Ausstattung aller Gewässer-bezogenen Programme und der Einstellung von Personal in den Behörden, welches auch die aktive Beteiligung der Öffentlichkeit bei der WRRL-Umsetzung sicherstellen kann.
- Flankierend braucht es eine umfassende Bestandsaufnahme zu dem Ressourcenbedarf für den Gewässerschutz und wie dieser finanziert werden kann. In anderen Bundesländern sind diese Berechnungen längst Praxis und liegen der Öffentlichkeit vor. Jeder Haushalts-Euro in eine entsprechende Studie wäre gut und verantwortungsvoll angelegtes Geld.
- Großzügige Ausnahmeklauseln wie bei der Erhebung des Grundwasserentnahmeentgelts sollten der Vergangenheit angehören. Es sollte zusätzlich ein Oberflächenwasserentnahmeentgelt eingeführt werden, das zumal eine Lenkungsfunktion hätte. In mehreren Bundesländern ist dieses Instrument längst etabliert. Alle Wassereinnahmen des Landes sollten zweckgebunden für den Gewässerschutz eingesetzt werden. So würden mindestens 50 Millionen mehr für die WRRL-Umsetzung zur Verfügung stehen. Geld, das dringend gebraucht wird.
Der Entwurf des Haushaltsplans für den Umweltbereich (Einzeplan 07) ist hier abrufbar.